Billiges Öl als Fluch?

Ein Barrel Erdöl (159 Liter) der Sorte Brent, kostet derzeit 34 Dollar. Vor eineinhalb Jahren waren es noch 110 Dollar. Inflationsbereinigt haben wir nun denselben Preis wie 1974, also vor der ersten Ölkrise. Was Autofahrer und Ölheizer naturgemäß freut, treibt Wirtschaftsexperten zunehmend Schweißperlen auf die Stirn.

Die Ölbranche ist weltweit mit über 2.800 Milliarden Dollar verschuldet. Die Anhäufung dieser Schulden basiert auf vier- bis fünfmal so hohen Ölpreisen wie jetzt. Viele Firmen sind aufgrund des aktuell niedrigen Preisniveaus bereits in die Insolvenz geschlittert, entlassen massenhaft Mitarbeiter und können keine Rückzahlungen mehr leisten. 

Wer glaubt, die Ölindustrie arbeite hocheffizient und modern, irrt gewaltig. Das hohe Preisniveau der letzten Jahre wirkte wie Gift auf die Innovationskraft der Firmen. Gewinne wurden abgeschöpft und großzügig unter den Eigentümern verteilt. Verschärft wird die Situation durch den Umstand, dass rund 90 % der globalen Ölfelder in staatlicher Hand liegen. Die Ausbeutung der Ölfelder zur Maximierung der Staatseinnahmen steht hier im Mittelpunkt.  Besonders prekär ist die Situation für Staaten, die praktisch ihre gesamten Haushaltseinnahmen auf den Handel mit Rohöl aufgebaut haben. Dazu zählen etwa Venezuela, Saudi Arabien, der Irak, Nigeria oder Kuwait. Nicht unbedingt eine Liste globaler Vorzeigedemokratien. All diese Regime haben für die kommenden Jahre mit Preisen von deutlich über 100 Dollar je Barrel kalkuliert und Ihre Staatsbudgets danach ausgerichtet. Mit großzügigen Steuererleichterungen und Gratisrationen für Strom und Treibstoff wurden die Menschenmassen in Schach gehalten. Dieser Plan geht unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr auf. Damit weiter Geld in die Staatskassen fließt, wird gegen jede Wirtschaftslogik, auf Rekordniveau weitergefördert.

Aufgrund der schwachen Nachfrage und der temporären Überproduktion wird der Ölpreis wohl noch eine Weile auf niedrigem Niveau bleiben. Saudi Arabien kann auch bei einem Preis von 7 Dollar je Barrel noch gewinnbringend Rohöl fördern. Derzeit sieht es so aus, dass die Ölscheichs ihre Konkurrenten mit einem erbitterten Preiskampf aus dem Markt drängen wollen. Paradoxerweise könnte dieser Umstand den Erneuerbaren mittelfristig zugutekommen. Einige Fonds, Versicherungen und Energiekonzerne ziehen ihr Kapital aus dem Risikoprodukt Rohöl bereits ab und investieren stattdessen in Erneuerbare Energieträger und Umwelttechnologien.

Dr. Christian Metschina
Leiter Energiereferat der Landwirtschaftskammer Steiermark
Vorstand des Österreichischen Biomasse-Verbandes

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